Die Strategien der zahlungsunwilligen BU-Versicherungen

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Die Strategien der zahlungsunwilligen BU-Versicherungen
Inhalt dieses Beitrages:

Einführung

Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) dienen zur Kompensation des finanziellen Verlustes aufgrund gesundheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Bei BU-Renten geht es regelmäßig um viel Geld. Steht der Leistungsfall in der BU-Versicherung fest, ist die BU-Versicherung zur Auszahlung einer monatlichen Rente bis zum festgelegten Leistungsende – oft der Renteneintritt – verpflichtet. Selbst geringe monatliche Rentenansprüche des Versicherten können sich über die Leistungszeit zu hohen sechs- oder sogar siebenstelligen Beträgen summieren.

Viele Versicherungsunternehmen versuchen mit fragwürdigen Strategien berechtigte Ansprüche der Versicherten zu vermeiden. In diesem Beitrag klären wir Sie über die gängigen Vorgehensweisen der zahlungsunwilligen Versicherungen auf.

Das Ping-Pong-Spiel

Viele BU-Versicherungen lieben das sogenannte Ping-Pong-Spiel, um eine Entscheidung über Leistungsanträge der Versicherten zu verschleppen. Im Gegensatz zum Tischtennisspiel kann beim Ping-Ping-Spiel der BU-Versicherungen der Versicherungsnehmer nur verlieren. Denn auch wenn der Versicherte die Fragen der BU-Versicherung beantwortet hat, gibt sich die BU-Versicherung mit den Antworten nicht zufrieden und fordert immer weitere Informationen an. Unserer Erfahrung nach ist die Ping-Pong-Strategien aus Sicht der Versicherung besonders effektiv, um den Versicherten zu zermürben und möglicherweise dazu zu bringen, seinen Anspruch aufzugeben.

Nicht selten haben wir Akten gesehen, in denen die Versicherung selbst ein Jahr nach Antragstellung mit Verweis auf fehlende Informationen keine Leistungsentscheidung getroffen hat. Und das obwohl der BU-Versicherung alle Informationen längst vorlagen. Das stetige Nachfordern von Unterlagen diene ausschließlich dazu, den Versicherten zu verunsichern und zu erreichen, dass dieser entnervt aufgibt.

Zum Glück hat der Mandant aber nicht aufgegeben und uns kontaktiert. Als wir die Akte und den Schriftverkehr eingesehen hatten war klar: Die Versicherung wendet die Ping-Pong-Strategie an. Wir machten in einem anwaltlichen Schreiben sehr deutlich, dass weitere Verzögerungsversuche nicht akzeptiert würden und setzten die Versicherung in Verzug. Und siehe da: Die Versicherung regierte auf unser Anwaltsschreiben innerhalb weniger Tage und kannte letztendlich den Anspruch unserer Mandanten an.

Unser Tipp: Lassen Sie sich auf keinen Fall auf Ping-Pong-Spiele ihrer Versicherung ein. Setzen Sie der Versicherung eine Entscheidungsfrist und kündigen Sie die Geltendmachung von Verzugszinsen und weiteren Schadensersatz an. Am besten ist es aber, wenn Sie Kontakt mit uns aufnehmen. Im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung  prüfen wir Ihnen Fall und besprechen mit Ihnen das weitere Vorgehen. Für Sie ist dieser Service kostenfrei und natürlich unverbindlich. 

Achtung von Fangfragen

Sobald Sie Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Versicherung beantragen, müssen Sie umfangreiche Fragebögen beantworten. Oftmals soll der Versicherte hunderte von Fragen beantworten. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist die Vorgehensweise natürlich berechnend, da viele Erkrankte zur Beantwortung dieser Fülle von Fragen schlicht nicht in der Lage sind. Gerade darauf spekulieren aber viele Versicherungsunternehmen und machen es sich leicht: Schickt der Versicherte den Fragebogen nicht oder nur unvollständig zurück, kann die Versicherung mit Verweis auf angeblich fehlende Unterlagen die Entscheidung verweigern.

Aber es geht noch perfider: Viele Fragebögen der Versicherungen enthalten Fangfragen. Diese Fragen zielen darauf ab, den Versicherten zu widersprüchlichen oder ungenauen Aussagen zu verleiten, die dann als Vorwand genutzt werden können, um die Leistungen abzulehnen. Fangfragen sind oft so formuliert, dass sie verwirrend oder irreführend sind, und erfordern präzise und überlegte Antworten, um nicht in eine Falle zu tappen.

Ein klassisches Beispiel für eine Fangfrage könnte sein: „Hatten Sie in den letzten zehn Jahren jemals Rückenschmerzen?“ Diese Frage klingt auf den ersten Blick harmlos, aber sie kann den Versicherten leicht zu einer ungenauen Antwort verleiten. Die meisten Menschen hatten irgendwann einmal leichte Rückenschmerzen, doch wenn der Versicherte dies bejaht, könnte die Versicherung dies als Hinweis auf eine chronische oder schwerwiegende Erkrankung verstehen.

Eine weitere Taktik könnte darin bestehen, ähnliche Fragen mehrfach in unterschiedlichen Formulierungen zu stellen, um den Versicherten zu unterschiedlichen Antworten zu verleiten. Zum Beispiel könnte die Versicherung in einem späteren Fragebogen fragen: „Hatten Sie in den letzten fünf Jahren Beschwerden, die länger als zwei Wochen anhielten?“ Wenn der Versicherte dies verneint, obwohl er die erste Frage bejaht hat, kann die Versicherung dies als Widerspruch auslegen und dies als Grund für eine Ablehnung des Leistungsantrags verwenden.

Unser Tipp: Achten Sie bei der Beantwortung von Fragen Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung auf äußerste Präzision und Sorgfalt. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass scheinbar harmlose oder allgemeine Fragen als Fangfragen konzipiert sein könnten. Darüber hinaus sollten Sie sich vor jeder Beantwortung genau erinnern und gegebenenfalls medizinische Unterlagen heranziehen, um genaue Angaben machen zu können. Vermeiden Sie vage oder ungenaue Antworten und dokumentieren Sie Ihre Korrespondenz mit der Versicherung sorgfältig. Jeder Schritt sollte gut überlegt sein, um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass die Versicherung Ihre Antworten gegen Sie verwendet.

Unser Erfahrung nach ist die Einschaltung eines Anwalt für BU-Versicherung  bereits bei der Antragstellung sinnvoll, da so die Beantwortung von Fangfragen und sonstigen unzulässigen Fragen vermieden werden kann.

Rechtswidrige Schweigepflichtsentbindungen

Eine weite Strategie zahlungsunwilliger BU-Versicherung ist die Forderung nach weitreichenden und oft rechtswidrigen Schweigepflichtsentbindungen. Diese Taktik zielt darauf ab, umfassenden Zugriff auf sensible und persönliche medizinische Informationen des Versicherten zu erlangen, oft weit über das notwendige Maß hinaus. Solche Forderungen können dazu dienen, vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen des Versicherten zu ermitteln.

Was sind Schweigepflichtsentbindungen?

Schweigepflichtsentbindungen sind Erklärungen, mit denen Versicherte ihre Ärzte und andere medizinische Fachkräfte von der Schweigepflicht entbinden, sodass diese Informationen an die Versicherung weitergeben können. Grundsätzlich sind solche Entbindungen notwendig, damit die Versicherung den Gesundheitszustand des Versicherten überprüfen und beurteilen kann, ob ein Leistungsanspruch besteht. Allerdings muss die Einwilligung in eine Schweigepflichtsentbindung immer im Verhältnis zum Zweck stehen und darf nicht unangemessen weit gefasst sein.

Rechtswidrige Anforderungen

Einige Versicherungen fordern pauschale Schweigepflichtsentbindungen, die ihnen nahezu uneingeschränkten Zugang zu sämtlichen medizinischen Daten der Versicherten verschaffen. Solche Entbindungen decken oft nicht nur relevante Gesundheitsinformationen ab, sondern auch Daten, die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs keine Bedeutung haben. Das Problem hierbei ist, dass die Versicherten durch diese umfassenden Entbindungen ihre Persönlichkeitsrechte erheblich einschränken und der Versicherung Einblicke in sehr private Bereiche ihres Lebens gewähren, die nicht erforderlich sind.

Unser Tipp: Bevor Sie eine Schweigepflichtsentbindung unterschreiben, sollten Sie diese sorgfältig prüfen. Achten Sie darauf, dass sie nur auf die tatsächlich relevanten medizinischen Informationen beschränkt ist, die zur Beurteilung des Berufsunfähigkeitsanspruchs notwendig sind. Anstelle einer pauschalen Entbindung können Sie gezielte Entbindungen erteilen, die nur bestimmte Ärzte oder bestimmte Zeiträume abdecken. Dies schränkt den Zugriff der Versicherung auf die relevanten Informationen ein und schützt Ihre Privatsphäre. Es ist ratsam, sich bei Unsicherheiten rechtlichen Rat von einem Anwalt für BU-Versicherungen einzuholen. Ein Anwalt kann die Entbindungserklärung überprüfen und gegebenenfalls Änderungen vorschlagen, um sicherzustellen, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.

Unser abschließender Rat

Lassen Sie sich bei Auseinandersetzungen mit Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht einschüchtern. Setzen Sie klare Fristen, dokumentieren Sie Ihre Korrespondenz und ziehen Sie bei Bedarf rechtlichen Beistand hinzu. Eine professionelle Unterstützung kann den Unterschied machen und Ihnen helfen, Ihre berechtigten Ansprüche erfolgreich durchzusetzen. Im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung prüfen wir gerne Ihren Fall und besprechen das weitere Vorgehen mit Ihnen. Dieser Service ist für Sie kostenfrei und unverbindlich.

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Jonas Kainzinger

Rechtsanwalt

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