Mann mit “nicht flinken” Händen diskriminiert – Entschädigungsurteil wegen Geschlechtsdiskriminierung

4.3/5
Ein Mann mit 'nicht flinken' Händen wird wegen seines Geschlechts abgelehnt - und das Landesarbeitsgericht Nürnberg urteilt: Entschädigung muss gezahlt werden. Ein aktuelles Beispiel dafür, wie wichtig geschlechtsneutrale Kriterien bei der Bewerberauswahl sind.
Inhalt dieses Beitrages:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) in Nürnberg hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass ein männlicher Bewerber, dem die Stelle mit der Begründung abgesagt wurde, die Tätigkeit sei “eher etwas für flinke Frauenhände”, Anspruch auf Entschädigung hat. Das LAG sah in diesem Fall eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts.

Die Hintergründe des Falls

Der Bewerber hatte sich auf eine Stelle als Bestücker (m/w/d) für eine Digitaldruckmaschine bei einem Modellauto-Hersteller beworben. Die Stellenbeschreibung forderte Fingerfertigkeit und Geschicklichkeit, da die verwendeten Teile sehr klein und teilweise mit Pinzetten positioniert werden mussten. Der Mann erhielt nach seiner Bewerbung eine Absage mit der Begründung, dass die Arbeit eher etwas für flinke Frauenhände sei.

Das LAG entschied, dass der Mann wegen seines Geschlechts diskriminiert worden war. Das Argument des Unternehmens, bei der Internetrecherche auf Bilder des Mannes gestoßen zu sein, die seine großen Hände zeigten, ließ das LAG nicht gelten. Daraus lasse sich nichts über die Fingerfertigkeiten des Mannes ableiten. “Die Gelegenheit, mittels Probearbeit nachzuweisen, dass er zu der kleinteiligen Arbeit bei der Beklagten willens und in der Lage ist, wurde ihm nicht gegeben, eben weil er ein Mann war”, heißt es im Urteil.

Das Urteil des LAG Nürnberg

Das LAG entschied, dass der Mann Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hat. Das Unternehmen muss dem Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro zahlen, was dem 1,5-fachen des auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbaren Bruttogehalts entspricht.

Das Urteil verdeutlicht, dass das AGG eine klare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbietet und Unternehmen aufgefordert sind, bei der Einstellung und Beurteilung von Bewerbern objektive und geschlechtsneutrale Kriterien anzuwenden. Diskriminierende Bemerkungen oder Vorurteile gegenüber Geschlechterstereotypen sind nicht nur unfair, sondern auch illegal.

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Jonas Kainzinger

Rechtsanwalt

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