Rechtsschutzversicherung bei Aufhebungsvertrag: Wann zahlt sie?

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Ein besorgtes Paar sitzt an einem Tisch, der Mann im Anzug hält einen Stift über einem Dokument, während die Frau sich nachdenklich an die Stirn fasst. In der Mitte des Bildes steht der Text: „Rechtsschutzversicherung bei Aufhebungsvertrag: Wann zahlt sie?“

 

Rechtsschutzversicherung bei Aufhebungsvertrag: Wann übernimmt sie die Anwaltskosten?

Beispiel aus Erding: Ein Mitarbeiter einer Erdinger Firma erhält vom Arbeitgeber die Wahl: Entweder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben oder mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Viele Arbeitnehmer fragen sich dann: Zahlt meine Rechtsschutzversicherung die Beratung durch einen Anwalt? Die Antwort ist nicht immer eindeutig und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen der Rechtsschutzversicherung im Arbeitsrecht

Eine Rechtsschutzversicherung soll Sie vor den hohen Kosten rechtlicher Auseinandersetzungen schützen. Besonders im Arbeitsrecht können Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber schnell teuer werden. Doch nicht alle Rechtsschutzversicherungen decken automatisch arbeitsrechtliche Angelegenheiten ab.

Rechtlicher Hinweis: Damit Ihre Rechtsschutzversicherung bei arbeitsrechtlichen Problemen einspringt, müssen Sie das Modul „Berufsrechtsschutz“ oder „Arbeitsrechtsschutz“ in Ihrem Versicherungsvertrag eingeschlossen haben. Prüfen Sie daher zunächst Ihre Versicherungsunterlagen.

Wichtig zu verstehen ist, dass die Rechtsschutzversicherung primär für Rechtsstreitigkeiten konzipiert ist. Sie übernimmt daher nicht automatisch die Kosten für jede rechtliche Beratung. Entscheidend ist, ob ein sogenannter „Rechtsschutzversicherungsfall“ vorliegt.

In der Region Erding und Umgebung erleben wir immer wieder, dass Arbeitnehmer unsicher sind, ob ihre Versicherung die Kosten für die Beratung zu einem Aufhebungsvertrag übernimmt. Diese Unsicherheit ist verständlich, da die Versicherungsbedingungen oft komplex formuliert sind.

Wann liegt ein Versicherungsfall vor?

Ein Rechtsschutzversicherungsfall entsteht hauptsächlich dann, wenn eine Vertragspartei gegen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstößt oder ein solcher Verstoß behauptet wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Verstoß vorliegt – es genügt bereits die Behauptung einer Pflichtverletzung.

Die entscheidenden Faktoren für einen Versicherungsfall sind:

  • Ein Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt vor
  • Eine Partei behauptet eine Rechtsverletzung durch die andere Seite
  • Der Sachverhalt geht über reine vorbeugende Rechtsberatung hinaus
  • Es besteht ein konkreter rechtlicher Streitpunkt
Checkliste – Liegt ein Versicherungsfall vor?
  • ✓ Droht der Arbeitgeber mit einer Kündigung?
  • ✓ Bestreiten Sie die Berechtigung einer Kündigung?
  • ✓ Gibt es Meinungsverschiedenheiten über Ihre Arbeitsleistung?
  • ✓ Streiten Sie und Ihr Arbeitgeber über rechtliche Pflichten?

Können Sie eine oder mehrere Fragen mit „Ja“ beantworten, liegt wahrscheinlich ein Versicherungsfall vor.

Kostenübernahme bei Kündigungsandrohung

Der häufigste Fall in der Praxis ist, dass der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht und gleichzeitig einen Aufhebungsvertrag anbietet. Diese Situation erlebt auch ein Anwalt im Arbeitsrecht in Erding regelmäßig in der Beratungspraxis.

Praxisbeispiel aus der Region Erding: Ein Angestellter einer Erdinger Spedition kommt wiederholt zu spät zur Arbeit. Der Geschäftsführer legt ihm einen Aufhebungsvertrag vor und erklärt: „Entweder Sie unterschreiben den Vertrag, oder ich kündige Ihnen fristlos wegen wiederholter Pflichtverletzung.“ Der Mitarbeiter bestreitet, dass sein Verhalten eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.

In solchen Fällen liegt praktisch immer ein Versicherungsfall vor, weil:

  • Eine rechtswidrige Kündigung eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers darstellt
  • Es ausreicht, wenn der Arbeitnehmer die Rechtmäßigkeit der Kündigung bestreitet
  • Die tatsächliche Rechtmäßigkeit der Kündigung ist nicht entscheidend
  • Auch die Beratung zum Aufhebungsvertrag ist vom Versicherungsschutz umfasst
Wichtiger Tipp: Lassen Sie sich die Kündigungsandrohung schriftlich geben oder dokumentieren Sie das Gespräch umgehend schriftlich. Diese Dokumentation ist später wichtig für die Begründung des Versicherungsfalls gegenüber Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Selbst bei außergewöhnlichen Kündigungsgründen wie Diebstahl, Betrug oder groben Pflichtverletzungen können Sie die Rechtmäßigkeit bestreiten und damit einen Versicherungsfall begründen. Entscheidend ist nicht die objektive Berechtigung der Kündigung, sondern Ihr subjektives Bestreiten dieser Berechtigung.

Einvernehmliche Aufhebungsverträge

Anders verhält es sich bei einvernehmlichen Aufhebungsverträgen, bei denen kein Konflikt zwischen den Parteien besteht. Wenn Sie und Ihr Arbeitgeber sich friedlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verständigen möchten, liegt kein Rechtsschutzversicherungsfall vor.

In solchen Situationen müssen Sie die Beratungskosten selbst tragen, da:

  • Keine Partei gegen Rechtspflichten verstößt
  • Kein Streit oder Konflikt vorliegt
  • Es sich um reine vorbeugende Rechtsberatung handelt
  • Die Rechtsschutzversicherung nur bei Streitigkeiten einspringt
Warnung: Auch wenn die Rechtsschutzversicherung bei einvernehmlichen Aufhebungsverträgen nicht zahlt, sollten Sie keinesfalls auf anwaltliche Beratung verzichten. Die Kosten einer Beratung stehen oft in keinem Verhältnis zu den finanziellen Nachteilen, die durch einen schlecht verhandelten Aufhebungsvertrag entstehen können.

Typische Risiken bei unberatenen Aufhebungsverträgen sind:

  • Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
  • Verlust von Resturlaubsansprüchen
  • Ungünstige Zeugnisformulierungen
  • Zu niedrige Abfindungszahlungen
  • Problematische Freistellungsregelungen

Welche Kosten werden übernommen?

Liegt ein Versicherungsfall vor, stellt sich die Frage, welche Kosten die Rechtsschutzversicherung konkret übernimmt. Nach der aktuellen Rechtsprechung sind Versicherer verpflichtet, die Beratungskosten für Aufhebungsverträge weitestgehend zu übernehmen.

Die Kostenübernahme umfasst grundsätzlich:

  • Beratung zu allen streitigen Punkten des Aufhebungsvertrags
  • Verhandlungen über die Abfindungshöhe
  • Prüfung der rechtlichen Wirksamkeit des Vertrags
  • Beratung zu steuerlichen Auswirkungen
  • Auch Beratung zu unstreitigen Punkten, die im Zusammenhang stehen
Rechtsprechung: Das OLG Saarbrücken hat entschieden, dass sämtliche Kosten der anwaltlichen Beratung zu übernehmen sind, die im Zusammenhang mit der angedrohten Kündigung stehen (Az. 5 U 719/05-107). Auch unstreitige Punkte wie Arbeitszeugnis oder Freistellung sind abgedeckt, wenn sie mit dem Konflikt in Verbindung stehen.

Die Anwaltskosten bei einem Aufhebungsvertrag setzen sich zusammen aus:

  • Geschäftsgebühr: Für die allgemeine Bearbeitung des Falls
  • Einigungsgebühr: Für das Erreichen einer Einigung
  • Auslagenpauschale: Für Porto, Telefon und Kopien
  • Mehrwertsteuer: 19% auf alle Gebühren

Ein Teil der Geschäftsgebühr kann theoretisch bei Ihnen verbleiben, wenn er sich auf rein unstreitige Angelegenheiten bezieht. In der Praxis wird jedoch meist eine vollständige Kostenübernahme erreicht, wenn der Sachverhalt und die Kosten präzise dargelegt werden.

Deckungszusage richtig beantragen

Bevor Sie einen Anwalt beauftragen, sollten Sie unbedingt eine Deckungszusage Ihrer Rechtsschutzversicherung einholen. Diese garantiert Ihnen, dass die Versicherung die anfallenden Kosten übernimmt.

Schritt-für-Schritt zur Deckungszusage:
  1. Kontaktieren Sie Ihre Rechtsschutzversicherung umgehend
  2. Schildern Sie den Sachverhalt detailliert und wahrheitsgemäß
  3. Erklären Sie, warum ein Versicherungsfall vorliegt
  4. Legen Sie alle relevanten Dokumente vor
  5. Fordern Sie eine schriftliche Deckungszusage an
  6. Beauftragen Sie erst nach Erhalt der Zusage einen Anwalt

Für eine erfolgreiche Deckungsanfrage ist wichtig:

  • Klare Darstellung des Konflikts: Erklären Sie präzise, warum Sie die Kündigung für rechtswidrig halten
  • Dokumentation: Legen Sie schriftliche Belege für die Kündigungsandrohung vor
  • Zeitnahe Meldung: Informieren Sie die Versicherung schnellstmöglich
  • Vollständigkeit: Verschweigen Sie keine relevanten Informationen
Achtung bei der Antragstellung: Formulieren Sie Ihre Deckungsanfrage strategisch klug. Betonen Sie den Konfliktcharakter und die bestrittene Rechtmäßigkeit der Kündigung. Vermeiden Sie Formulierungen, die nach einvernehmlicher Einigung klingen könnten.

Falls die Versicherung die Deckung zunächst ablehnt, geben Sie nicht auf. Oft kann eine präzisere Darstellung des Sachverhalts oder eine rechtliche Argumentation durch einen erfahrenen Anwalt doch noch zur Kostenübernahme führen.

Besonderheiten beim Abwicklungsvertrag

Ein Abwicklungsvertrag regelt inhaltlich weitgehend dasselbe wie ein Aufhebungsvertrag – Abfindung, Freistellung, Arbeitszeugnis etc. Der entscheidende Unterschied: Er wird nach einer bereits ausgesprochenen Kündigung geschlossen.

Bei Abwicklungsverträgen ist die Rechtslage für Arbeitnehmer günstiger:

  • Ein Versicherungsfall liegt praktisch immer vor
  • Die Kündigung ist bereits ausgesprochen (konkreter Rechtsstreit)
  • Kostenübernahme ist meist unproblematisch
  • Auch unstreitige Punkte sind abgedeckt
Beispiel aus Dorfen: Eine Arbeitnehmerin erhält die fristlose Kündigung wegen angeblichen Diebstahls. Sie bestreitet den Vorwurf und will gegen die Kündigung vorgehen. Parallel bietet der Arbeitgeber einen Abwicklungsvertrag mit Abfindung an. Die Rechtsschutzversicherung übernimmt hier alle Beratungskosten, da durch die ausgesprochene Kündigung ein klarer Versicherungsfall vorliegt.

Wichtiger Unterschied: Haben Sie selbst das Arbeitsverhältnis gekündigt und möchten nur noch die Modalitäten in einem Abwicklungsvertrag regeln, besteht kein Versicherungsschutz. Eine Eigenkündigung löst normalerweise keinen Versicherungsfall aus.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Rechtsschutzversicherung kann bei Aufhebungsverträgen eine wichtige finanzielle Hilfe sein – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Entscheidend ist, ob ein Rechtsschutzversicherungsfall vorliegt.

Zusammenfassung – Das Wichtigste in Kürze:
  • Bei Kündigungsandrohung zahlt die Versicherung meist
  • Bei einvernehmlichen Verträgen zahlt sie nicht
  • Deckungszusage vor Anwaltsbeauftragung einholen
  • Kündigungsandrohung schriftlich dokumentieren
  • Auch unstreitige Punkte können abgedeckt sein
  • Bei Abwicklungsverträgen liegt meist ein Versicherungsfall vor
Wichtige Handlungsempfehlungen:
  • Prüfen Sie zunächst Ihren Versicherungsvertrag auf Arbeitsrechtsschutz
  • Dokumentieren Sie jede Kündigungsandrohung schriftlich
  • Kontaktieren Sie umgehend Ihre Rechtsschutzversicherung
  • Holen Sie eine schriftliche Deckungszusage ein
  • Beauftragen Sie einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht
  • Auch ohne Versicherungsschutz sollten Sie nicht auf Beratung verzichten

Auch wenn Ihre Rechtsschutzversicherung nicht zahlt, sollten Sie auf anwaltliche Beratung nicht verzichten. Die Kosten einer qualifizierten Beratung amortisieren sich oft bereits durch eine höhere Abfindung oder die Vermeidung rechtlicher Fallstricke.

Bei komplexen Fällen oder Unsicherheiten bezüglich der Kostenübernahme empfiehlt sich die Beratung durch einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht, der sowohl mit den Versicherungsbedingungen als auch mit der aktuellen Rechtsprechung vertraut ist.

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Die VSP Rechtsanwälte in Erding beraten Sie kompetent zu allen Fragen rund um Aufhebungsverträge und Rechtsschutzversicherung.

Rechtsanwalt Jonas Kainzinger
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Jonas Kainzinger

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